Ohne Piks – Mit der Smartwatch den Blutzucker messen

Die neue Generation Smartwatches vereint immer mehr Kontrollfunktionen für Gesundheit am Armgelenk. Auch wenn diese keine ärztliche Betreuung ersetzen, so können sie doch im Alltag eine deutliche Erleichterung für Betroffene sein.

Dazu gehören etwa Diabetiker, die regelmäßig ihren Blutzuckerspiegel überprüfen müssen. Abweichungen von den Normwerten können zu Folgekrankheiten führen und im extremen Fall sogar lebensbedrohlich sein.

Mit den normalen Messmethoden müssen Diabetiker mindestens einmal täglich einen Tropfen Blut auf einen Teststreifen bringen. Auch wenn dadurch keine großen Schmerzen verursacht werden, stellt der dafür erforderliche Piks in den Finger oder das Ohrläppchen oft eine mentale Hürde dar, die immer wieder neu überwunden werden muss.

Abhilfe versprechen einige Hersteller von Smartwatches mit der sogenannten nicht-invasiven Blutzuckermessung. Das bedeutet schlicht, dass der Piks nicht erforderlich ist, vielmehr wird der Blutzuckerwert über einen optischen Sensor ermittelt. Raman-Spektroskopie nennt sich die Methode, die nach dem indischen Physiker C.V. Raman (s. Bild links; von Nobel Foundation, Public domain, via Wikimedia Commons) benannt ist, der dafür bereits 1930 den Nobelpreis erhielt.

Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben mit seiner Methode eine Anwendungsmöglichkeit für Diabetiker entwickelt, bei der sie die Glukosekonzentrationen im Blut durch die Haut messen können. Und genau diese Erkenntnisse könnten in Smartwatches Verwendung finden.

Samsung und Apple haben bereits frühzeitig entsprechende Modelle in Aussicht gestellt. Weitere Anbieter dürften folgen, denn die nicht-invasive Blutzuckermessung verspricht einen großen Markt. Immerhin sind nach Angaben der International Diabetes Federation (IDF) weltweit mehr als 425 Millionen Menschen Diabetiker. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

Ganz im Gegenteil, denn die Organisation rechnet bis 2045 mit einer Steigerung auf rund 630 Millionen Betroffene. Das hat Auswirkungen auf die weltweiten Gesundheitsausgaben. Für das Jahr 2030 rechnet das World Economic Forum mit etwa 438 Millionen Diabetes-Kranken weltweit, die Kosten in Höhe von rund 740 Milliarden US-Dollar verursachen. Etwa 486 Milliarden US-Dollar gelten dabei als direkte Krankheitskosten, während rund 234 Milliarden US-Dollar durch Arbeitsunfähigkeit verursacht werden.

Diabetes, genau Diabetes mellitus, ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der das körpereigene Hormon Insulin nicht ausreichend produziert wird und dadurch zu erhöhtem Blutzuckerwerten führt. In der Praxis sind vor allem die Diabetes-Typen 1 und 2 bekannt und verbreitet, wobei mehr als 90 Prozent der Betroffenen am Typ-2-Diabetes leiden. Diese Variante wird auch als Wohlstandkrankheit bezeichnet, unter anderem weil sie durch hohes Übergewicht und mangelnde Bewegung begünstigt wird.

Noch ist allerdings nicht klar, wann Apple und Samsung mit ihren Modellen auf den Markt kommen. Zwar war die 2. Jahreshälfte 2021 angekündigt, doch ob die neue Samsung Galaxy Watch 4 und die Apple Watch 7 schon entsprechend ausgestattet sind, steht noch in den Sternen. Apple und Samsung scheinen sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu liefern. Deshalb scheint der First-Mover-Vorteil eher zu vernachlässigen zu sein, vielmehr gilt es für beide Unternehmen, eine funktionierende Version auf den Markt zu bringen.

Apple Watch 6

Fehler oder Ungenauigkeiten in der Messung könnten den Vorteil der Schnelligkeit aufzerren. Berichten zufolge hat sich Apple ein Patent für eine Blutzuckermessung am Handgelenk gesichert, die auf die Raman-Spektroskopie aufbaut. Zudem wurde inzwischen bekannt, dass Apple mit der britischen Firma Rockley Photonics in engen Geschäftsbeziehungen steht.

Das Start-up hat im Zusammenhang mit seinem beabsichtigen Börsengang Apple als einen der wichtigen Kunden benannt. Inzwischen scheint klar, dass Rockley Photonics ab der zweiten Jahreshälfte 2022 entsprechende Sensoren an Apple ausliefert. Demnach dürfte die Blutzuckermessung erst ab dem Modellrelease Watch 8 zu erwarten sein.

Samsung nutzt ebenfalls die Methodik der Raman-Spektroskopie und versucht diese mit Forschern des Massachusetts Institute of Technology zu optimieren. Immer wieder machen Gerüchte die Runde, dass bereits die Galaxy Watch 4 entsprechend ausgerüstet ist. Klarheit wird erst das Launch-Event vermutlich im August liefern.

Inzwischen soll auch Huawei an einer nicht-invasiven Blutzuckermessung arbeiten, die allerdings bei den aktuellen und neuen Modellen noch keine Rolle spielt. In Deutschland gibt es ebenfalls Bestrebungen, die Blutzuckermessung am Handgelenk zu ermöglichen.

So arbeiten das Ulmer Unternehmen Breuer und das französische Start-up PKvitality an der K’Watch Glucose, rechnen aber ebenfalls frühestens zum Ende des Jahres mit der Marktreife. Neben der Messung soll die K’Watch Glucose den Nutzer zudem vor Über- oder Unterzuckerung warnen.

Auch Fitbit hat sich dem Thema Blutzucker angenähert und bietet in den USA eine Einspeisung der gemessenen Blutzuckerwerte in die App an. Damit können die Blutzuckerwerte protokolliert werden und beim Tracking eines gesundheitsbewussten Lebensstils berücksichtigt werden.

Fitbit Sense

Noch müssen sich Diabetiker, die auf eine Smartwatch mit nicht-invasiver Blutzuckermessung hoffen, noch in Geduld üben. Das Jahr 2022 könnte allerdings zahlreiche Optionen eröffnen. Zuvor müssen die Smartwatches dafür noch von den Behörden als Gesundheitsprodukt zugelassen werden.

Bilder: Hersteller

Letzte Aktualisierung am 16.04.2023 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API