Übergewicht beeinflusst Messgenauigkeit von Smartwatches

Eine der Kernfunktionen von Fitnesstracker und Smartwatches ist der Einsatz von optischen Sensoren zur Messung der Herzfrequenz oder des Sauerstoffgehalts im Blut. Die Technik ist gegenüber anderen Messmethoden, beispielsweise mit einem Brustgurt bezüglich der Genauigkeit unterlegen. Zwar hat sich die Technik in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und einige Hersteller verbauen inzwischen Sensoren, die ähnlich genau sind wie ein Brustgurt. Dennoch gibt es Faktoren, die eine Messung stark beeinflussen können und zu wenig aussagekräftigen Ergebnissen kommen. Bislang wurde dafür hauptsächlich die Hautfarbe oder Tätowierungen ausgemacht. Eine Studie am Institut für Biomedizintechnik der Universität Florida in den USA zeigt nun, dass vor allem Übergewichtigkeit zu deutlichen Messfehlern führen kann.

Die optischen Sensoren in Smartwatches basieren auf der sogenannten Photoplethysmographie (PPG). Sichtbar ist dies am meist grünen Licht auf der Rückseite einer Smartwatch. Konkret misst der Sensor die Reflexion des ausgestrahlten Lichts. Die wird unter anderem von der Menge Blut beeinflusst, die sich unter der Haut befindet. Durch den Herzschlag variiert diese Menge. Genau das kann der Sensor erfassen und daraus einen Wert über die aktuelle Herzfrequenz ermitteln. Damit dieser Wert möglichst genau ist, muss die Uhr eng am Arm liegen, etwa 2 bis 3 Zentimeter über dem Handgelenk. Wird die Uhr zu locker getragen, wird der Messwert durch zu starke Bewegungen verzerrt. Trägt man die Uhr dagegen zu eng, kann sich dies auf den Blutfluss auswirken und zu Ungenauigkeiten führen.

Bild: Apple

Bei optimaler Trageweise und ansonsten auch idealen Bedingungen liegen moderne Sensoren mit einer Genauigkeit von wenigen Schlägen bei der Präzision eines Brustgurts. Zu beachten ist allerdings ein kleiner Zeitverzug, weil das Blut bis zum Handgelenk einige Zeit benötigt. Der angezeigte Wert gibt also immer eine Herzfrequenz an, die ein paar Sekunden zurückliegt. Allerdings gibt es weitere Faktoren, die zu ungenauen Messergebnissen führen können. Dazu gehört beispielsweise die Umgebungstemperatur. Ist es zu heiß oder zu kalt, kann sich dies auf die Durchblutung im Arm auswirken. Auch die Haltung der Arme beim Sport und eine dadurch veränderte Durchblutung kann die Ergebnisse verfälschen. Alles Faktoren, die sich mehr oder weniger stark beeinflussen lassen. Andere Faktoren wie die Pigmentstärke der Haut, Narben oder Tätowierungen können die Messung ebenfalls negativ beeinflussen, lassen sich aber nicht verändern.

Die Forscher aus Kalifornien haben sich nun mit den theoretischen Grenzen der optischen Messung beschäftigt und haben für ihre Tests drei handelsübliche Modelle ausgewählt, die allerdings nicht zur neuesten Generation gehören. Das sind die Apple Watch Serie 5, die Fitbit Versa 2 und die Polar M600. Hintergrund für das Vorhaben sind Berichte und Untersuchungen, nach denen der Hautton und der Body-Mass-Index (BMI) Einfluss auf die Messergebnisse haben sollen. Das wollten die Forscher genauer wissen und haben die Smartwatches mit der Annahme getestet, dass sie von Personen getragen werden, die einen BMI zwischen 20 und 45 haben und laut Fitzpatrick-Hautskala einen Wert von 1 bis 6. Die Fitzpatrick-Hautskala ist ein Klassifizierungssystem für die Bestimmung von Hauttypen und wird unter anderem auch in der Dermatologie und der kosmetischen Industrie verwendet. Ein Hauttyp der Kategorie 1 ist dabei sehr hell und ein Hauttyp der Kategorie 6 sehr dunkel. Die bisher vorliegenden Ergebnisse basieren auf Laboruntersuchungen. Wie valide diese Ergebnisse sind, soll nun in einem nächsten Schritt an etwa 100 Probanden getestet werden.

Bild: Fitbit

Laut Studie können sich sowohl der Hautton als auch Übergewicht auf die Messergebnisse auswirken. So verfügen die verschiedenen Hauttöne über einen unterschiedlich hohen Melanin-Anteil, der Einfluss auf die Lichtdurchlässigkeit der Haut hat. Bei übergewichtigen Menschen kommt noch eine dichtere, weniger durchblutete Haut hinzu, die Einfluss auf die Lichtdurchlässigkeit hat. Kommen beide Aspekte zusammen, so wird das Signal des Sensors erheblich gestört. Entgegen bisherigen Annahmen hat der Hautton isoliert betrachtet dagegen nur geringe Auswirkungen. Bei allen Messungen lag die Abweichung der Signalstärke bei weniger als 10 Prozent. In der ungünstigsten Kombination mit dunkler Haut und einem hohen BMI konnte die Forscher bei der Fitbit Versa 2 einen Signalverlust von 61,2 Prozent feststellen, mit deutlichen Auswirkungen auf die gemessene Herzfrequenz. Bei der Apple S5 und der Polar M600 lag der Signalverlust bei etwa 32 Prozent. Doch auch in den ungünstigsten Kombinationen konnten die Forscher noch eine Lichtdurchdringung feststellen.

© 2021 Optical Society of America

Wichtigstes Fazit der Studie ist der enge Zusammenhang zwischen Signalstärke und Dicke der Haut, die meist mit einem hohen BMI einhergeht. Das bedeutet, dass die derzeit verbauten Sensoren für fettleibige und nicht fettleibige Personen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden, auch wenn die tatsächliche Herzfrequenz dafür nicht die Ursache ist. Allerdings könnte die Bauart der Sensoren und der dahinter geschaltete Algorithmus diese Unschärfe beseitigen. Wichtig scheint, dass die Sensoren eine größere Abfragetiefe ermöglichen, mit der auch dickere Hautschichten schnell und zuverlässig durchdrungen werden können. Gerade weil die Sensoren immer öfter auch andere Werte liefern sollen, wie beispielsweise zum Blutdruck, sollten Hersteller die Ergebnisse der Studie für die Weiterentwicklung der Sensoren berücksichtigen.