Wie smart muss eine Luxusuhr sein?

Smartwatches erobern den Uhrenmarkt, daran gibt es einige Jahre nach Einführung der ersten Apple-Watch keinen Zweifel mehr. Nach Schätzungen sollen bislang über 100 Millionen Apple Watches verkauft worden sein. Damit erreicht Apple einen Marktanteil von mehr als 55 Prozent, hat das US-amerikanische Marktforschungsinstitut Strategy Analytics ermittelt.

Mit deutlichem Abstand folgen Samsung (13,9 %) und Garmin (8 %). Selten lässt sich der sogenannte First-Mover-Advantage so klar beobachten wie bei den Smartwatches, denen bei Einführung keine große Zukunft vorhergesagt wurde.

Doch der Markt scheint noch lange nicht aufgeteilt, schließlich werden immer neue Wearables gelauncht und auch bei den Betriebssystemen herrscht noch munterer Wettbewerb. An ganz andere Stelle wird diese Entwicklung eher kritisch betrachtet.

Die Uhrenindustrie könnte zum Verlierer werden, wenn es um den Arm der Konsumenten geht. Schon die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Smartphones mit Zeitanzeige hat der Industrie einen ersten Dämpfer verschafft. Und der Trend wird weiter zunehmen.

Nach Prognosen des IT-Beratungsunternehmens Gartner Group werden in diesem Jahr weltweit mehr als 52 Milliarden Euro für Wearables ausgegeben. Das wären 27 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Für die kommenden Jahre erwarten die Gartner-Analysten eine ähnliche Entwicklung, zumal immer mehr Smartwatches angeboten werden und gleichzeitig auch die Preise etwas fallen dürften.

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Etwas unempfindlicher gegen diesen Trend ist das Segment der Luxusuhren, doch auch die Hersteller von hochpreisigen Uhren wollen nicht tatenlos zusehen und statten ihre Uhren mit smarten Features aus.

Vor allem die Schweizer Uhrenindustrie schaut besorgt auf den zunehmenden Wettbewerb mit Apple und Co., auch wenn die meisten Hersteller davon ausgehen, dass diese Entwicklung keine Bedrohung für sie darstellt. Das könnte eine Fehleinschätzung sein, denn auch die Schweizer Uhrenindustrie musste in den vergangenen fünf Jahren Umsatzeinbußen hinnehmen und verkaufte rund 7,5 Millionen Uhren weniger.

Eine richtige Strategie der Uhrenindustrie ist noch nicht erkennbar. Ob es ein gangbarer Weg ist, Luxusuhren mit smarten Funktionen auszustatten, hat eine Studie der Beratungsfirma Zutt & Partner für den Schweizer Markt untersucht. Es ging dabei um die Frage, welche Aspekte einer Smartwatch auch für Luxus-Uhren spannend sind – und welche Eigenschaften von Luxusuhren dabei auf keinen Fall vernachlässigt werden dürfen, schließlich werden in beiden Segmenten sehr unterschiedliche Kundenbedürfnisse befriedigt.

Es zeigte sich, dass wenige smarte Produkte im Portfolio ausreichen, um einer Marke insgesamt ein smartes Image zu verpassen. Denn tatsächlich machen Uhren mit smarten Funktionen erst einen kleinen Teil der angebotenen Luxusuhren aus.

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Einigen Herstellern, beispielsweise Hublot oder TAG Heuer, ist es bereits gelungen, mit einigen Modellen ein smartes Image zu generieren. Doch insgesamt stehen die Hersteller vor der großen Aufgabe, die Motive für den Kauf einer Luxusuhr nicht zu vernachlässigen.

Die Gartner-Analysten kommen zu dem Schluss, dass die emotionalen Motive für den Kauf einer Luxusuhr von den Smartwatches bislang nicht bedient werden können. Dies hat einen guten Grund: Themen wie sozialer Status, Familienerbstück und Investment sind psychologisch deutlich tief greifender als Fitness-Tracking und News.

Allerdings werden auch hochpreisige Smartwatches angeboten, die durchaus das Motiv des Statussymbols bedienen können. Status bleibt das Hauptmotiv für den Kauf einer Luxusuhr. Deren Anbieter könnten laut Zutt & Partner bei den Konsumenten vor allem dann punkten, wenn sie smarte Aspekte mit diesen klassischen Motiven verbinden.

Dabei zeigt sich, dass vor allem die Kommunikationsfeatures besser mit einer Luxusuhr zu verbinden sind als Sport- und Trackingfunktionen. Auch das elektronische Bezahlen mit der Uhr könnte demnach gut ins Luxussegment passen, auch wenn es momentan noch keine große Rolle spielt.

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So wird für die Uhrenindustrie weiterhin ein Spagat erforderlich sein, um den Bedürfnissen unterschiedlicher Käuferschichten zu entsprechen. Vor allem im mittleren Preissegment werden die Käufer immer stärker auch smarte Funktionen erwarten. Wenn sich die Hersteller von Luxusuhren darauf einstellen, könnten sie Marktanteile zurückgewinnen, so die Einschätzung der Marktforscher.

Es bleibt also spannend zu beobachten, mit welchen Uhren die Hersteller in den kommenden Jahren auf diesen Trend reagieren. Wie sich beide Kaufmotive verbinden lassen, hat Citizen mit der CZ Smart gezeigt, die in diesem Monat in den Handel kommt.

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Die Resultate basieren auf einer qualitativen EmoCompass®-Befragung im ersten Halbjahr 2020, durchgeführt von der Unternehmensberatung ZUTT & PARTNER in Wolfhausen im Zürcher Oberland. Mehr unter www.zutt.ch/studien/klassische-luxus-uhren-vs-smarte-luxus-uhren/

Bildnutzung mit freundlicher Genehmigung der ZUTT & PARTNER AG.